D A S K A P I T A L
Deutsche Originalausgabe / Verlag Otto Meissner
Das Kapital, Band I, 1867
1.
Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie. Von Karl Marx. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Das Recht der Uebersetzung wird vorbehalten. Hamburg Verlag von Otto Meissner. 1867. New-York: L. W. Schmidt. 24 Barclay-Street.
XII, 784 S.
2.
II Titel
IV Gewidmet [...] Wilhelm Wolff.
V Inhalt des ersten Bandes.
VII Vorwort. London, 25. Juli 1867.
1 Erstes Buch. Der Produktionsprozess des Kapitals. Erstes Kapitel. Waare und Geld.
106 Zweites Kapitel. Die Verwandlung von Geld in Kapital.
141 Drittes Kapitel. Die Produktion des absoluten Mehrwerths.
291 Viertes Kapitel. Die Produktion des relativen Mehrwerths.
496 Fünftes Kapitel. Weitere Untersuchungen über die Produktion des absoluten und relativen Mehrwerths.
551 Sechstes Kapitel. Der Accumulationsprozess des Kapitals.
757 Nachtrag zu den Noten des ersten Buchs.
764 Anhang zu Kapitel I,1. Die Werthform.
784 Störende Druckfehler.
3.
Druck: Otto Wigand, Leipzig
Erschienen um den 11. September 1867
Interimseinband: Ordinär in gelbem Papierumschlag broschiert
Preis: 3 Taler, 10 Neugroschen (3 1/3 Taler)
Auflage: 1000 Exemplare
"Erschienene Neuigkeiten des deutschen Buchhandels" im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel vom 14. September 1867
1859 begann die Konjunktur, sich zu erholen. Die von Marx erhoffte Revolution war ausgeblieben. 1863 wurde der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet, 1865 siegte im Amerikanischen Bürgerkrieg der Industriekapitalismus des Nordens über die Sklaven- und Plantagenwirtschaft des Südens.
Marx verbrachte ein Jahr mit der Schrift Herr Vogt (1860), um die Beschuldigungen Carl Vogts zurückzuweisen, er sei ein Verräter und Erpresser. 1864 war er intensiv an der Gründung der Internationalen Arbeiter-Association beteiligt, verfasste die Inauguraladresse und die Provisorischen Statuten. Im August 1861 begann er, an einer Fortsetzung des ersten Heftes von Zur Kritik der Politischen Oekonomie zu arbeiten. Bis Juli 1863 wurde das Manuskript 23 Hefte und 1472 Seiten lang. Es beschäftigte sich mit dem Produktionsprozess des Kapitals, den Theorien über den Mehrwert und weiteren Ergänzungen und Weiterentwicklungen. Es sprengte den ursprünglichen Editionsplan. Marx plante nun einen Entwurf in drei Büchern und gab ihm den Titel Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie. Nur Band eins über den "Produktionsprocess des Kapitals" machte er druckfertig. Der Band setzt Zur Kritik der politischen Oekonomie nicht wie geplant fort, sondern "resümier[t]" sie und beginnt "ab ovo" (Brief an Ludwig Kugelmann, 13.10.1866).
Weil Marx sich überzeugen ließ, dass das Anfangskapitel schwer verständlich sei, fügte er noch während der Buchproduktion einen "Anhang zu Kapitel I, 1. Die Werthform" (S. 764) hinzu. Jene Wertform, die "der Menschengeist" seit "mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht" (S. VIII). Später hielten manche Autoren die erste Ausgabe für die wissenschaftlich korrekte, nicht vom Wunsch nach "Popularisierung" korrumpierte.
Bergstraße 26 in Hamburg, die ehemalige Adresse des Verlags Otto Meissner
Nach Vermittlung durch den befreundeten Kaufmann Wilhelm Strohn (Brief an Marx, 30.1.1865) unterzeichnete Marx im März 1865 eine "Vereinbarung" mit dem Hamburger Verleger Otto Meissner. Darin verpflichtete er sich, "spätestens Ende Mai dieses Jahres" das vollständige Manuskript von Das Kapital für "[c]irca 50 Bogen in zwei Bänden" zu liefern. Als Honorar stand ihm die Hälfte des Bruttoerlöses nach Händlerrabatten, Produktions- und Vertriebskosten zu.
Otto Meissner (1819-1902) gründetet im Revolutionsjahr 1848 seinen eigenen Verlag. 1859 organisierte er den Schillerfestzug mit für eine Republik und für Pressefreiheit. Er veröffentlichte liberale und sozialistische Autoren. 1865 brachte er Die Preußische Militärfrage und die Deutsche Arbeiterpartei von Friedrich Engels heraus.
Nach Abschluss des Vertrags dauerte es noch mehr als ein Jahr, bis Marx einen ersten Teil des Manuskripts Mitte November 1866 an Meissner schickte. Auch weil er "fortwährend an Gallerbrechung gelitten" hatte (an Friedrich Engels, 24. 6.1865), einem "bösartige[n] Hund von Karbunkel" (13.2.1866), an "liverbeschwerden" (19.8.1865) oder "seit zwei Monaten rein auf das Pfandhaus lebend" (31.7.1865), "verliere soviel Zeit in Laufereien, Transaktionen" (26.12.1865).
Im April 1867 reiste er nach Hamburg, um die letzten Kapitel des Manuskripts eigenhändig zu übergeben. Das Manuskript ist heute verschollen.
In regelmäßigen Briefen hielt Marx Engels über die Drucklegung auf dem Laufenden: „Hamburg 13 April 1867. Lieber Fred, Gestern 12 Uhr Mittag kam ich hier an. Das Schiff verließ London Mittwoch, 8 Uhr Morgens. Du siehst darin die ganze Geschichte der Seereise. Höchst tolles Wetter und Sturm. [...] Also Abends kam Meißner. Netter Kerl, obgleich etwas sächselnd, wie sein Name andeutelt. Nach kurzem Pourparler all right. Manuscript sofort in sein Verlagshaus gebracht, dort in safe gesteckt. Der Druck wird in a few days beginnen u. rasch von Statten gehn.“
Am Samstag, dem 14. September 1867 kündigte das täglich erscheinende Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel das Erscheinen des ersten Bandes von Das Kapital an. Marx widmete den Band weder seiner Ehefrau und Mitarbeiterin Jenny, noch seinem Freund und Mäzenen Friedrich Engels, sondern dem 1864 verstorbenen Mitbegründer des Bundes der Kommunisten, Wilhelm Wolff.
"Meißner", so Marx am 24. April 1867 an Engels, "kann nicht in Hamburg drucken lassen, weil weder die Zahl der Drucker noch die Gelehrsamkeit der Korrektoren hinreichend. Er druckt daher bei Otto Wigand" in Leipzig. Der Buchhändler, Verleger und Buchdrucker Otto Wigand (1795-1870) hatte unter anderem Friedrich Engelsens Die Lage der arbeitenden Klasse in England und Max Stirners Der Einzige und sein Eigentum herausgebracht. Seine Söhne führten die Druckerei zu der Zeit, als der erste Band von Das Kapital gedruckt wurde.
Anders als Zur Kritik der politischen Oekonomie wurde Das Kapital nicht in Frakturschrift, sondern in Antiqualettern gesetzt. Dadurch wurde es für ein internationales Publikum leichter lesbar. Das Buch wurde von Hand in Bleilettern gesetzt. Jürgen Bönig rechnete, dass 2,700 Arbeitsstunden nötig waren, um 1.935.214 Zeichen in 3,2 Tonnen Blei zu setzen (Karl Marx in Hamburg, S. 132).
Auf der Titelseite gibt Verleger Otto Meissner die Adresse des New Yorker Importeurs deutschsprachiger Bücher L. W. Schmidt an. Er rechnete offenbar von Anfang an damit, einen Teil der Auflage in den USA unter deutschen Einwanderern abzusetzen. In seinem Allgemeinen Katalog von Januar 1871 bietet Schmidt Das Kapital für 3,70 US-Dollar an (S. 77).
Auf der Titelseite heisst es: "Uebersetzung wird vorbehalten". Über das erste Heft von Zur Kritik der politischen Oekonomie hatte Marx am 2. Februar 1859 an Lassalle geschrieben: "Es ist möglich, daß ich eine englische Bearbeitung gleich der ersten Hefte zu Stand bringe. Duncker muß auf das Titelblatt setzen: 'The author reserves to himself the right of translation.'" Auf dem Titelblatt des Heftes fehlt der Hinweis.
Marxens Ziel war es, als „letzte[n] Endzweck“ von Das Kapital „das ökonomische Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft zu enthüllen“ (Band I, S.XI). Er suchte nach allgemeinen Entwicklungsgesetzen des Kapitalismus, zitierte englische Fabrikinspektoren, Parlamentsdebatten und Presseberichte um die Lage der ausgebeuteten Arbeiterklasse zu beschreiben und kritisierte die klassischen und zeitgenössischen Ökonomen.
Marx beschrieb den Kapitalismus als Gesellschaftsformation, in der Verkauf und Kauf von Waren so verallgemeinert sind, dass sie naturgegeben erscheinen. Auch der Verkauf der Ware Arbeitskraft durch die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, da nur die menschliche Arbeitskraft Wert erzeugen kann. Die Besitzer von Produktionsmitteln eignen sich aus unbezahlter Mehrarbeit Mehrwert an, den sie unter dem Konkurrenzdruck akkumulieren müssen. So gibt es einen Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit.
In einem Brief an Friedrich Engels zählte Marx am 8. Januar 1868 im Vergleich zu den Klassikern der Ökonomie die "drei grundneuen Elemente“ des ersten Bandes von Das Kapital auf:
1. dass nicht „Rente, Profit, Zins als gegeben“ sind, sondern „die allgemeine Form des Mehrwerths, worin all das sich noch ungeschieden, so zu sagen in Lösung befindet, behandelt wird“;
2. dass entsprechend dem Gebrauchs- und Tauschwert der Ware „auch die in der Waare dargestellte Arbeit Doppelcharakter besitzen muß“, als konkrete und abstrakte Arbeit;
3. dass „der Arbeitslohn als irrationelle Erscheinungsform eines dahinter versteckten Verhältnisses dargestellt“ wird, weil er den Wert der Arbeitskraft, nicht der geleisteten Arbeit erstattet.
Anzeige im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 9. August 1867. Der erste Teil bis "...à cond." war bereits am am 1. August 1867 inseriert.
Anzeige im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel vom 18. September 1867, wiederholt am 26. September 1867 und 3. Oktober 1867
Anzeige im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel vom 25. September 1867
Anzeige mit Neuerscheinungen des Verlags Otto Meissner und Anzeige für Das Kapital im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel vom 2. Oktober 1867
Verlagsanzeige mit Angebot von Das Kapital auf der Rückseite des in zweiter Ausgabe 1869 bei Meissner verlegten Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte von Karl Marx
Anzeige des auf der Titelseite von Das Kapital angeführten New Yorker Importeurs deutschsprachiger Bücher (American Literary Gazette and Publishers' Circular, 15. August 1867)
Im Sommer 1867 veröffentlichten verschiedene Zeitungen Auszüge aus dem Vorwort von Das Kapital, das der Verleger ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Erste Besprechungen erschienen in den Hamburger Nachrichten vom 13. September 1867, der Barmer Zeitung vom 6. Dezember 1867, dem Staatsanzeiger für Württemberg vom 27. Dezember 1867 (Friedrich Engels), dem Mainzer Anzeiger vom 8. Januar 1868, dem Social-Demokrat vom 22. Januar bis zum 8. Mai 1868 (Johann Baptist von
Schweitzer), der Hamburgischen Börsenhalle vom 14. Februar 1868, der Elberfelder Zeitung vom 17. Juni bis 3. Juli 1868 (Friedrich Schnacke). Kritisiert wurde vor allem die Werttheorie und die "Dialektik" des Buchs.
Voranzeige in Der Vorbote, dem "Zentral-Organ der Sektionsgruppe deutscher Sprache der Internationalen Arbeiterassociation", Genf, April 1867
Anzeige im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel vom 9. November 1867
Erste Besprechung von Das Kapital in den Hamburger Nachrichten vom 13. September 1867
Karl Marx, Zur Kritik der politischen Oekonomie, 1859
Titel -1
Erstes Buch. Vom Kapital I
Vorwort III
Inhalt des ersten Hefts 1
Abschnitt I. Das Kapital im Allgemeinen
Erstes Kapitel. Die Waare 3
A. Historisches zur Analyse der Waare 29
Zweites Kapitel. Das Geld oder die einfache Cirkulation 41
1) Maaß der Werthe 42
B. Theorien von der Maaßeinheit des Geldes 53
2) Cirkulationsmittel 64
a. Die Metamorphose der Waaren 65
b. Der Umlauf des Geldes 76
c. Die Münze. Das Werthzeichen 86
3) Geld
a. Schatzbildung 104
b. Zahlungsmittel 117
c. Weltgeld 129
4) Die edlen Metalle 133
C. Theorien über Cirkulationsmittel und Geld 138
e Verwandlung von Geld in
Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, 1867
Titel II
Widmung IV
Inhalt des ersten Bandes V
Vorwort (Karl Marx, 25. Juli 1867) VII
Erstes Buch. Der Produktionsprozess des Kapitals 1
Erstes Kapitel. Waare und Geld 1
1) Die Waare 1
I. Erste oder einfache Form des relativen Werths 15
II. Zweite oder entfaltete Form des relativen Werths 24
III. Dritte, umgekehrte oder rückbezogene zweite Form des relativen Werths 25
2) Der Austauschprozess der Waaren 45
3) Das Geld und die Waarencirkulation 55
A. Mass der Werthe 55
B. Cirkulationsmittel 63
a) Die Metamorphose der Waaren 63
b) Der Umlauf des Geldes 74
c) Die Münze. Das Werthzeichen 85
C. Geld 91
a) Schatzbildung 91
b) Zahlungsmittel 96
c) Weltgeld 103
Zweites Kapitel. Die Verwandlung von Geld in Kapital 106
1) Die allgemeine Formel des Kapitals 106
2) Widersprüche der allgemeinen Formel 117
3) Kauf und Verkauf der Arbeitskraft 129
Drittes Kapitel. Die Produktion des absoluten Mehrwerths 141
1) Arbeitsprozess und Verwerthungsprozess 141
2) Constantes Kapital und variables Kapital 165
3) Die Rate des Mehrwerths 178
4) Der Arbeitstag 198
5) Rate und Masse des Mehrwerths 281
Viertes Kapitel. Die Produktion des relativen Mehrwerths 291
1) Begriff des relativen Mehrwerths 291
2) Cooperation 302
3) Theilung der Arbeit und Manufaktur 318
4) Maschinerie und grosse Industrie 355
Fünftes Kapitel. Weitere Untersuchungen über die Produktion des absoluten und relativen Mehrwerths 496
1) Absoluter und relativer Mehrwerth 496
2) Grössenwechsel von Preis der Arbeitskraft und Mehrwerth 505
A. Grösse des Arbeitstags und Intensivität der Arbeit constant, Produktivkraft der Arbeit variabel 506
B. Constanter Arbeitstag, constante Produktivkraft der Arbeit, Intensivität der Arbeit variabel 510
C. Produktivkraft und Intensivität der Arbeit constant, Arbeitstag variabel 511
D. Gleichzeitige Variationen in Länge des Arbeitstags, Produktivkraft und Intensivität der Arbeit 513
3) Verschiedene Formeln für die Rate des Mehrwerths 516
4) Werth, resp. Preis der Arbeitskraft in der verwandelten Form des Arbeitslohns 520
a) Die Formverwandlung 520
b) Die beiden Grundformen des Arbeitslohns: Zeitlohn und Stücklohn 529
Sechstes Kapitel. Der Accumulationsprozess des Kapitals 551
1) Die kapitalistische Accumulation 552
a) Einfache Reproduktion 552
b) Verwandlung von Mehrwerth in Kapital 567
c) Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Accumulation 599
2) Die s. g. ursprüngliche Accumulation 699
3) Die moderne Kolonisationstheorie 745
Nachtrag zu den Noten 757
Anhang zu Kapitel I, 1. Die Werthform 764
Störende Druckfehler 784
Literatur:
Roman Rosdolsky, Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen "Kapital", Bd. I-III, EVA, Frankfurt a.M., 1968
Manfred Kliem, Karl Marx. Dokumente seines Lebens, Reclam, Leipzig, 1970
Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, erster Band, Hamburg 1867, Mega2, Bd. II.5, Berlin, 1983
Eike Kopf, Ein Buch geht um die Welt, Papyrossa, Köln, 2016
Jürgen Bönig, Karl Marx in Hamburg, VSA, Hamburg, 2017