D A S K A P I T A L
Estnische Übersetzung / Eestikeelne tõlge
Kapital, estnisch 1910 bis heute
Ungarn gehörte bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zur österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. "Zwischen 1867 und 1914 lag das jährliche Wirtschaftswachstum mit 3,2 Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Der Anteil von Industrie und Bergbau an der Wirtschaft stieg von 18,4 auf 30,4 Prozent. Ungarn erzeugt ein Drittel der industriellen und die Hälfte der landwirtschaftlichen Produktion des Kaiserreichs", schreibt Karl-Heinz Gräfer (S. 886). Budapest war die fünftgrößte Stadt Europas, aber auch eine Stadt großen sozialen Elends.
Die Arbeiterbewegung organisierte sich. 1890 gründeten Arbeiter und Intellektuelle die Sozialdemokratische Partei und 1918 die Kommunistische Partei. In der Not nach dem Ersten Weltkrieg steigerten Arbeiter, Kriegsheimkehrer und Arbeitslose die bürgerlich-demokratische Revolution gegen die Monarchie zu einer proletarischen Revolution.
Sozialdemokraten und Kommunisten verbündeten sich im März 1919 zur Sozialistischen Partei und riefen eine Räterepublik unter Außenkommissar Béla Kun (1886-1938) aus. Sie verstaatlichten entschädigungslos Großgrundbesitz, Banken, Industrien und das kirchliche Schulwesen. Sie erhöhten die Löhne, führten einen ersten Sozialschutz und das allgemeine Wahlrecht ein. Die Räterepublik wurde nach viereinhalb Monaten von den Ententemächten mit Hilfe von Truppen der Nachbarstaaten niedergeschlagen und durch die Diktatur von Admiral Miklós Horthy (1868-1937) ersetzt.
Das Ungarische unterscheidet sich stark von den in Europa verbreiteten indo-europäischen Sprachen. Das macht Übersetzungen ausländischer Werke in die Volkssprache umso notwendiger. Als finno-ugrische gehört das Ungarische zu den uralischen Sprachen. Es wird mit 40 lateinischen Buchstaben geschrieben. Die ältesten Schriften auf Ungarisch sind aus dem elften Jahrhundert erhalten.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurden erste Texte von Karl Marx ins Ungarische übersetzt. Um ihre Revolution auch theoretisch zu begründen, wollte die Räterepublik eine Übersetzung von Das Kapital in Auftrag geben. Doch fehlte ihr die Zeit, das Vorhaben zu verwirklichen. Die erste Übersetzung des ersten Bands veröffentlichte der Kommunist und ehemalige Volkskommissar Antal Guth 1921 im österreichischen Exil. Eine zweite veröffentlichte Zoltan Gergo zwischen 1934 und 1937.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1949 die Volksrepublik Ungarn ausgerufen und der Marxismus-Leninismus zur Staatsdoktrin erklärt. Die drei Bände von Das Kapital erschienen auf Ungarisch nach den Vorgaben des Moskauer Marx-Engels-Lenin-Instituts. Sie wurden bis zum Regimewechsel 1989 in mehreren, hohen Auflagen veröffentlicht, auch als Bände 23 bis 25 der Werkausgabe Marx Engels Műwei.
György Wiener schrieb 2018, dass seit 1991 kein einziges Werk von Marx oder Engels in Ungarn erschien (S. 123).
Band I | Übersetzer | Ort | Verlag | S. | Bd. II | Übersetzer | Ort | Verlag | S. | Bd. III | Übersetzer | Ort | Verlag | S. | ||
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1910 | Sternbeck | Tallinn | Lillenbach | 80 | ||||||||||||
1914 | Sternbeck | Tallinn | Lillenbach | 80 | ||||||||||||
Andresen | Tallinn | Söprus | 640 | |||||||||||||
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1953 | Tallinn | State publishing house | 689 | 1958 | Tallinn | State publishing house | 449 | 1962 | Tallinn | State publishing house | 840 | |||||
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Literatur:
Karl-Heinz Gräfe, "Von der Asternrevolution zur Räterepublik, Ungarn 1918/19", in: Utopie kreativ, Nr. 168, 2004
Wiener György, "A tőke elterjedése Magyarországon", in: Eszmélet, Nr. 117/2018, S. 119-144.